Der Süden – Fish-River-Canyon

Dann betreten – bzw. befahren – wir namibisches Territorium. Ein unbeschreibliches Gefühl von Freude und noch etwas Ungläubigkeit erfaßt uns. Wir fahren bei unserer Namibia Reise auf der Hauptstrasse (B1) Richtung Windhuk weiter; die Landschaft hat sich unmittelbar nach der Grenze abrupt und deutlich geändert, wird rasch wüstenähnlich, auch Savannenabschnitte mit imposanten Bergformationen tauchen auf; „Kleckselberge“ wechseln mit Tafelbergen. Nach 100 km verlassen wir die Hauptstrasse und biegen auf eine Schotterpiste (C10) mit Ziel des Camps Ai Ais ab. Eine Staubfahne hinter uns herziehend haben wir den Eindruck, völlig in die Wüste abzutauchen. Kein Fahrzeug begegnet uns nun mehr; meilenweit nicht der Hauch einer menschlichen Siedlung. Diese Situation ist durchaus gewöhnungsbedürftig.
Als wir nach weiteren reichlich 50 km Ai Ais erreichen, stellt sich heraus, dass dieses von September bis April geschlossen ist. Mit einem Fluch über unsere hochwertigen Reiseführer – Stefan Loose und Reise-know-how – welche diese Tatsache unerwähnt ließen, kehren wir wieder um und begeben uns nach Hobas. Auch jetzt treffen wir kein einziges Fahrzeug, weit und breit nur Savanne, Einsamkeit pur. Wir fahren die C37 entlang und fragen im Canyon Village nach einem Quartier, leider ist hier alles ausgebucht. In Anbetracht der Dichte der Übernachtungsmöglichkeiten in diesem menschenleeren Land läßt uns diese Tatsache die Sorgenfalten auf die Stirn treten. Auch in der Canyon Lodge ist nichts mehr frei, jedoch seien im Canyon Mountain Camp, welches zur Lodge gehört, noch Zimmer mit Self-Catering verfügbar. Mittlerweile ist es dunkel geworden und wir fahren die 6km bis zum Camp über eine abenteuerliche Buckel-Piste, welche mit einem normalen PKW nicht zu absolvieren wäre. Im Camp sind wir die einzigen Gäste, inmitten unendlich weiter Landschaft ohne jegliche Zivilisation schon ein eigenartiges Gefühl. Was lauern in der Dunkelheit der afrikanischen Savanne für Gefahren? Gibt es wilde Tiere, welche uns einen Besuch abstatten könnten? Oder versteckt lebende Eingeborene, welche das Camp vielleicht unauffällig beobachten und am Eigentum der Touristen interessiert sind? Solche Gedanken verdrängen wir jedoch schnell, laden unser Gepäck aus und beziehen die sehr geschmackvoll eingerichteten Zimmer. Das Camp besteht aus einem eingeschossigen Gebäude, welches in Form eines Viereckes um einen nett bepflanzten Innenhof errichtet ist, mit einer Gemeinschaftsküche, einem Aufenthaltsraum sowie einem Außenkamin mit Tisch und Sitzgelegenheiten. Unterdessen sehr hungrig geworden, kochen wir uns Nudeln mit Pesto und nehmen das Dinner draußen in der Sitzecke ein. Umgeben von der sagenhaften Stille der Wüste und einem traumhaften Sternenfirmament lassen wir den Tag tief bewegt ausklingen.
Am nächsten Morgen nehmen wir auf der Terrasse der Canyon Lodge ein üppiges Frühstück ein, bevor wir zum Fish-River-Canyon-Nationalpark fahren. Nach Entrichtung des Eintritts von 80N$ p.P. sowie 10N$ pro Fahrzeug bietet sich uns von verschiedenen Viewpoints aus ein phantastischer Ausblick in den Canyon. Dieser ist bis zu 27 km breit und 547m tief; die Länge beträgt 160km, wobei die Angaben hier variieren. Es handelt sich dabei um eine Schlucht mit stufenförmigen Hängen, die sich V-förmig nach unten verjüngt. Dieser deutlich ausgeprägte Canyon beginnt südlich von Seeheim und endet kurz vor Ai Ais. Der Fish-River entspringt im östlichen Naukluft-Gebirge und legt bis zu seiner Mündung in den Oranje eine Strecke von 650km zurück.
Am Mainpoint verweilen wir etwas und wandern dann zum Hikerspoint, von welchem aus im Winter die mehrtägigen Wanderungen starten. Im Frühjahr und Sommer ist der Abstieg in den Canyon strengstens verboten. Das Zuwiderhandeln hat in der Vergangenheit schon manchem Unvernünftigen das Leben gekostet. Ansatzweise können wir nachvollziehen, was sich aufgrund der hier bestehenden Klimaverhältnisse abspielt. Die kleine Wanderung zwischen Main- und Hikerspoint, insgesamt nicht viel mehr als eine Stunde, handelt uns einen hübschen Sonnenbrand ein. Im gesamten zugänglichen Areal sind kaum Menschen anzutreffen, was das Erleben dieses gewaltigen Naturmonumentes intensiviert. Vom Hauptaussichtspunkt hat man einen eindrucksvollen Blick hinab auf die Höllenkurve (Hells Bend), das imposanteste Beispiel des gewundenen Canyon-Laufes.

Eigentlich hatten wir den ganzen Tag für den Fish-River-Canyon eingeplant, aber wir entschließen uns am frühen Nachmittag, in Richtung Lüderitz aufzubrechen und unterwegs nach einer Bleibe zu schauen. Als erstes erreichen wir – über die C37 und C12 – Seeheim, eine verlassene Eisenbahnstation, welche lediglich mit einem Hotel ohne Kreditkartenzahlung aufwarten kann, was uns ohne Bargeld nicht viel nützt. Der nächste Stop ist Aus, hier gibt es zwar eine Touristinformation und auch Übernachtungsmöglichkeiten, eine Bank jedoch nicht. Da uns der Ort auch nicht gerade sympathisch ist, steuern wir nun noch Klein-Aus-Vista, eine hochgelobte Lodge nur zwei Kilometer entfernt, an. Leider ist diese ausgebucht, so dass wir uns genötigt sehen, nun doch noch die reichlich 100 km bis nach Lüderitz zurückzulegen.

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