Lüderitz / Kolmanskop

 

Auf Empfehlung des Besitzers von Klein-Aus-Vista mieten wir uns ein hübsches, preiswertes Zimmer mit integrierter Küchenzeile und Meerblick. Künftig werden wir nur selten die Gelegenheit haben, ein einigermaßen günstiges Quartier zu finden. Man muss in Namibia pro Nacht mit ungefähr 40,-€ pro Person rechnen. Hier ist meist ein Frühstück enthalten und der Komfort erscheint uns oft überdurchschnittlich. Wir präferieren durchaus einfacherere Unterkünfte für weniger Geld, doch die sehr gute Ausstattung scheint hier Standard und da die Quartiere oft sehr weit auseinander liegen, hat man zudem nicht viel Wahlmöglichkeiten.
An der Lüderitzer Waterfront essen wir in einem hübschen Seafood-Restaurant zu Abend.
Anderntags brechen wir nach einem gemütlichen und recht späten Frühstück in unserem Zimmer gegen Mittag in die Stadt auf und tätigen diverse Erledigungen wie Tanken, Geldwechsel und Einkauf von Lebensmitteln. Dann unternehmen wir einen kleinen Stadtrundgang, welcher aufgrund der überschaubaren Größe von Lüderitz wenig Zeit in Anspruch nimmt. Wir besichtigen die Felsenkirche und genießen einfach das holländisch anmutende Flair dieser Stadt. Da befindet man sich im Süden Afrikas und liest deutsche Worte an Geschäften, Wohnhäusern oder Straßen. Das ist schon ganz schön skurril! Nachmittags begeben wir uns nach Kolmanskop, leider stehen wir vor verschlossenen Toren. Die Besichtigung dieser Geisterstadt ist nur bis Mittag möglich. So entwickeln wir einen Alternativplan und fahren auf die Lüderitzhalbinsel. Jedoch hindert ein unglaublich heftiger Sturm uns, das Auto zu verlassen, so dass das Erleben etwas getrübt ist und wir unsere Fotos nur aus dem Fahrzeug heraus machen können. Der nach dem Portugiesen Bartholomeus Diaz, welcher als erster Europäer 1488 das heutige Lüderitz erreichte, benannte Diaz-Point-Leuchtturm wurde 1910 errichtet. Um seinen Besuch für die Nachwelt zu dokumentieren, ließ Diaz ein Padrao (Kreuz) errichten, was jedoch Mitte des 18. Jahrhunderts von Schatzsuchern vernichtet worden sein soll, an dessen Stelle wurden im vergangen Jahrhundert zwei Gedenkkreuze aufgestellt. Den kleinen Bogenfels weiter südlich finden wir trotz einigem Suchen nicht. An der großen Bucht vorbei fahren wir dann auf der D701 durch bizarres Wüstengebiet, abwechselnd mit Salzflächen, kleinen Buchten, in denen zahlreiche Flamingos stehen und nach Nahrung suchen sowie felsigen Ufern, an denen sich die tosende See bricht.

In unser Quartier zurückgekehrt, setzen wir uns zusammen und nehmen eine Detailplanung der nächsten Zeit vor, in welcher wir in die Wüste „abzutauchen“ gedenken. Fünf Tage ohne Zivilisation, zumindest ohne Ortschaften, ohne Möglichkeit, Geld abzuheben oder Lebensmittel einzukaufen, meist auch ohne Handyempfang, das erfordert schon eine gewisse mentale Einstimmung. Zum Glück ist Christina nach sechs Australien-Reisen „wüstenerfahren“ und kann meine ausgeprägten Bedenken bald zerstreuen. Für jeweils zwei Nächte reservieren wir Quartier auf einer Farm und in einem Camp, rechnen unser Budget durch, checken die notwendige Verpflegung und markieren die Tankstellen in der Karte.
Am anderen Morgen fahren wir zunächst zur Geisterstadt Kolmanskop, einer ehemaligen Diamanten-Bergbau-Station, welche im Diamanten-Sperrgebiet liegt. Als Anfang des 20. Jahrhunderts der große Diamantenrausch anfing, wurde Kolmanskop zum Hauptquartier. Schöne Häuser wurden gebaut, alle Materialien aus Deutschland importiert. Ab 1911 gab es elektrischen Strom, in einer Eisfabrik wurde Stangeneis produziert, das jeder Haushalt gratis bekam. Als 1929 die wesentlich größeren Diamanten bei Oranjemund entdeckt wurden, war das baldige Ende von Kolmanskop besiegelt. 1938 wurden die Förderanlagen stillgelegt, 1956 verließ der letzte Einwohner den Ort. Die Stadt fiel im wahrsten Sinne des Wortes der „Verwüstung“ anheim. Fasziniert wandern wir durch die z.T. noch relativ gut erhaltenen Häuser bzw. kämpfen uns durch den Sand und stellen uns vor, wie sich hier wohl das Leben vor vielen Jahrzehnten abgespielt haben mag; die Arbeiter abends aus der Mine kamen, die Schüler in der Schule unterrichtet wurden oder die Menschen sich im Kasino zusammenfanden und vom Kulturprogramm unterhalten ließen. Einige der Häuser wirken nobler als die üblichen und man findet an ihnen die Aufschrift „Architekt“, „Lehrer“ oder „Buchhalter“. Auf den Spuren der Vergangenheit wandelnd, umgeben von der unendlichen Weite der Wüste, erlebe ich ein intensives Gefühl für den Weltenlauf, für Werden und Verfall, welches mir trotz sengender Hitze eine Gänsehaut bereitet.

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